Mittwoch, 14. März 2007

40 - Hans Jüchser, Bildnis Helga mit schwarzem Tuch, 1964

Hans Jüchser, geb.1894 in Chemnitz, gest.1977 in Dresden
Bildnis Helga mit schwarzem Tuch, 1964, 60 cm X 80 cm, erworben 1964

Am gestrigen 14. Juli vollendete Hans Jüchser sein 80. Lebensjahr. -
Seit 1928 arbeitete er als freischaffender Künstler in Dresden. Die Bilder dieser Jahre waren in ihren Inhalten unfroh, waren überwiegend mit schweren erdigen Farben gemalt und, wie er es selbst nannte, "von einem Gefühl der Depression und Hoffnungslosigkeit beherrscht". - Diese Arbeiten gehören in die unmittelbare Nähe proletarisch-revolutionärer Kunst.

Während der Herrschaft des Faschismus gehörte Jüchser zu den Verfemten. "Die Jahre nach 1933 waren für mich Jahre der Düsternis, des Stillstandes, ja - des Rückganges." - Noch einmal mußte Jüchser Soldat werden. Er war 51 Jahre alt, als er aus der Kriegsgefangenschaft wieder in die Heimat kam. Es begann eine neue Schaffensperiode. "Anfänglich gedämpfte, zum Lyrischen neigende Tönungen hatte ich nun zugunsten einer klareren Farbigkeit überwunden. Mit zunehmendem Aler drängte es mich, mehr und mehr farbige, lebensbejahende und optimistische Bilder zu malen. Neben vielen Stilleben, die immer wieder Gelegenheit gaben, mich mit den bescheidenen Dingen, die uns umgeben, auseinanderzusetzen, ist es vor allem der junge Mensch, der mich fesselt. Mich interessiert seine psychologische Erfassung, seine farbige Erscheinung, seine Menschlichkeit im weitesten Sinne. Am wichtigsten ist mir dabei immer wieder die geistige Haltung die dahintersteht; die Freude am farbigen Abglanz der Dinge."

Nun ist "die Freude am farbigen Abglanz aller Dinge" etwas, was für jeden Maler zu den Voraussetzungen seines Schaffens gehört. Und Hans Jüchser ist in erster Linie Maler, wenn auch seine Zeichnungen und Grafiken im Rahmen seines Gesamtwerkes einen beachtenswerten Rang einnehmen. Wir dürfen des Künstlers Bekenntnis in einem Wort verändern und kommen der Eigenart seiner Kunst, in der zugleich auch ihre Berenzung liegt, näher. Es ist "die Freude am farbigen Abglanz stiller Dinge", die Jüchser immer wieder zu seinen in ihrer Verhaltenheit kostbaren Schöpfungen anregt. Selbst dann, wenn er, wie bei einigen Arbeiten der letzten Jahre, mit kräftigen, zuweilen leuchtenden Farben gestaltet, ist seine Kunst verhalten. Obwohl in jeder Beziehung selbständig, ist sie der abgeklärten Natur- und Menschenauffassung Paul Wilhelms und Theodor Rosenhauers verwandt. Die Werke dieser Maler sind gleichsam Kammermusik. Sie verlangen, daß der Betrachter sich ihnen ernst und ausgiebig widmet, denn erst dann erschließen sie ihre tiefempfundene Schönheit und Schaffen Genuß am "farbigen Abglanz stiller Dinge".

In: Sächsische Zeitung, 15.7.1974
Abb.in: Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister, Bestandskatalog, Staatliche Kunstsammlungen Dresden 1987