Dienstag, 6. März 2007

27 - Curt Querner, Selbstbildnis 1930


Curt Querner, geb. 1904 in Börnchen, gest. 1976 in Börnchen
Selbstbildnis, 1930, Leinwand, 64 X55 cm, erworben 1963

(Abb. Dresdener Gemäldegalerie Alte und Neue Meister, 1978, Abb. Nr.183)

Von Käthe Kollwitz weiß man, daß sie mit ihrem monumentalen grafischen Lebenswerk einen Typ geschaffen hat und ihn in mannigfachen Ausdeutungen und individuellen Abwandlunen in die deutsche Kunst einführte, den Typ der leidenden und kämpfenden, verharrenden und aufbegehrenden Proletarier. Gewiß ist der von der Kollwitz geprägte Typ nur einer unter vielen innerhalb der proletarisch-revolutionären Kunst, aber es ist einer der markantesten.

Von Curt Querner ist gleiches zu sagen, doch ist das noch zu wenig bekannt. Wenn wir das bisherige Lebenswerk des Künstlers, der heute seinen 70. Geburtstag begeht, betrachten, dann erleben wir, wie in diesem Werk wiederum ein Typ heranwächst, der für Hunderttausende nachdenkender, parteiergreifender Arbeiter steht. Der Arbeitertyp Querners ist hart, weil ihn das Leben hart machte. Er ist vollkommen unsentimental, weil die Lage seiner Klasse Derartiges überhaupt nicht aufkommen ließ und Gefühlsrausch und -überschwang mißachtete. Aber er ist reich an Empfindungen, weil Klassenbewußtsein und Klassensolidarität, Intellekt und Intuition das gleichermaßen verlangen. Querners Lebenswerk ist zu hoher Kunst geformter Bericht und gestaltete Rechenschaft eigenen Lebens und Erlebens.

Querners Vater war Arbeiter. Selbst künstlerisch begabt, verfolgte er mit Zuneigung die Entfaltung bildnerischer Fähigkeiten bei dem Sohn. Doch die sooft erwiesene ökonomische Unsicherheit des Künstlerberufes veranlaßte ihn, den Sohn einen Handwerkerberuf erlernen zu lassen. Curt Querner wurde Schlosser und arbeitete nach beendeter Lehre in einer Fabrik. 1926 bewarb er sich mit Erfolg an der Dresdener Kunstakademie. Drei Jahre später verließ er das Lehrinstitut und ist seitdem freischaffend tätig. Otto Dix war sein künstlerisches, die kommunistischen Studenten sein politisches Vorbild.Er trat der KPD bei und gehörte seit 1930 zur ASSO (Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutschlands).

In den folgenden Jahren entstanden viele Porträts der Ausgebeuteten und noch mehr Bilder von deren Kindern. -Alle Erfahrungen aber sind in dem Selbstbilnis von 1930 zusammengefaßt. Hier ist der Typ herausgebildet, der prüfend und unerbittlich die Welt betrachtet, um sie zu verändern.

In: Neues Deutschland, 7.4.1974
Abb. in: Gemäldegalerie Dresden Neue Meister, Bestandskatalog, 1987