Montag, 26. Februar 2007

14 - Otto Dix, Frau mit Kind, 1921


Otto Dix, geb. 1891 in Untermhaus bei Gera, gest. 1969 in Hemmenhofen
Frau mit Kind, 1921, Leinwand, 120 X 81 cm, erworben 1957

(Abb. Otto Dix, Frau mit Kind, Katalog Gemäldegalerie Neue eister 1977, Abb. Nr.69)

Otto Dix, der aus dem Krieg zurückgekehrt, an der Akademie offiziell Meisterschüler Max Feldbauers war, hatte hier jedoch tatsächlich nicht mehr viel zu lernen. In den Jahren von 1920 bis etwa 1922 "fand Dix den ihm gemäßen Ausdruck. In einer Epoche, in der die Zerschlagung der Form und die Gewinnung der reinen Farbe in den Mittelpunkt der malerischen Bemühungen rückte, strebte er nach dem stärksten Ausdruck der Wirklichkeit, um einem Inhalt den adäquaten Ausdruck zu verleihen" (Fritz Löffler). Es waren vor allem weltanschaulich fortschrittliche Studenten, die in Dix einen der kommenden Großen erkannten und sich willig seinem Einfluß aussetzten, denn Dix schickte sich an, die künstlerischen Mittel zu formulieren, mit denen er einmal der Bourgeoisie als auch dem ihr hörigen Kleinbürgertum den Schein der Vornehmheit und Biederkeit nahm und zum anderen das Elend und die Ausweglosigkeit im Dasein der Armen mit unüberbietbarer Schärfe aufzeigt.

Frau mit Kind.
Der künstlerische Ideengehalt wird bei Dix heftig und bestürzend vorgetragen. Rechts vor einem schwarzen Fenster und links neben einer Sockelwand der Pseudo-Renaissance deutscher Gründerzeit steht eine Frau mit ihrem Kind auf dem Arm. Schwindsucht, Hunger und das Milieu muffiger Wohnungslöcher haben sie und ihr Kind gezeichnet. Hier hat die künstlerische Gestaltung einen solchen Grad des Hervorkehrens und Überbetonens elenden Daseins erreicht, daß der künstlerische Protest in der Übertreibung des Verfalls kaum noch in seinem letzten Endes humanistischen Gehalt aufnehmbar wird. Dix`Kunst bewegt sich oft an der Grenze des gerade noch Ertragbaren, an der Grenze des ästhetisch Wirksamen: die schmutzige bröckelnde Hauswand, das blinde Fenster, die vom vielen Waschen ausgelaugte Bluse und die Leichenfarbe des Fleisches, die durch die roten Tuberkuloseflecken auf den Wangen noch fahler und wie im Zustand der Auflösung erscheint, und dazu in parodierendem Kontrast der Aufputz des Kindes im blauen Jäckchen und weißen Überkleid mit Strümpfchen und braunen Lederschuhchen.
( bei Lachnit ist alles viel zurückhaltender, sanfter.....)

Aus: Katalog Wilhelm Lachnit, 1966
Abb. in: Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen 1987