Samstag, 24. Februar 2007

12- Karl Schmidt-Rottluff, Nach dem Bade, 1912


Karl Schmidt-Rottluff, geb. 1884 in Rottluff, gest.1976 in Berlin.
Nach dem Bade, 1912, Leinwand, 87 X 95 cm, erworben 1978. Frauenkopf und Maske,1912, Leinwand, 84 X 76 cm, erworben 1975. Frau in den Dünen,1914, Leinwand, 87 X 100 cm, erworben 1981. Landschaft in Rottluff, 1921, Leinwand, 87,5 X 101 cm, erworben 1972. Stillleben mit Früchten, 1928, Leinwand,65 X 73 cm, erworben 1966.

(Abb. Katalog Gemäldegalerie Neue Meister, 1977, Abb.66)

Schmidt-Rottluff, der mehrfach zum Ausdruck brachte, daß Politik nicht seine Sache sei, der gesellschaftliche Auseinandersetzungen vermied und Sommer für Sommer an die Nord- und Ostseeküste reiste, um monatelang unbehelligt arbeiten zu können, sollte noch zu spüren bekommen, wie politisch seine Kunst genommen wurde. Wenige Monate, nachdem der Faschismus die Macht an sich gerissen hatte, mußte er seine Mitgliedschaft der ehemaligen preußischen Akademie der Künste niederlegen. In der 1937 veranstalteten Ausstellung "Entartete Kunst" hingen fünfzig seiner besten Gemälde, Aquarelle und Grafiken. Wenige Jahre danach wurde ihm jede berufliche und nebenberufliche Tätigkeit als bildender Künstler verboten und das Verbot polizeilich kontrolliert. Der Maler, der sich aus allem heraushalten wollte, fand sich wieder in den Reihen der politisch Gemaßregelten, in denen Künstler wie Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Hans Grundig, Alfred Frank u.a. standen. -

Die frühen Werke lassen erkennen, daß der junge Maler am Impressionismus anknüpft, doch ist die Pinselführung ungleich impulsiver und ungehemmter, als sie je ein Impressionist angewandt haben würde. Die mit breitem Pinsel angelegten Töne verflechten sich zu einem Farbenrausch, den die damalige Malerlei nicht kannte. Der Vortrag ist so rast- und zügellos, daß Mensch und Natur fast in ihm versinken. -

Erst in den zwei Akten des Bildes "Nach dem Bade" von 1912 und der "Frau in den Dünen" von 1914 tritt eine Beruhigung ein. Körper und Räume werden in großen Formen zusammengezogen. Unvermittelter als zuvor stehen Farbkontraste nebeneinander. - Ein Programm hatten die Künstler der "Brücke" - zu denen neben Schmidt-Rottluff, Ernst Kirchner, Erich Heckkel und Fritz Bleyl auch Emil Nolde und Max Pechstein gehörten - nie. Ihre Kunst war aus der Opposition gegen leer gewordene bürgerliche Kunstweisen erwachsen. Sie träumten utopische Träume und suchten, ähnlich wie die Romantiker des 19. Jahrhunderts, die Welt mit zurückgewendetem Kopf zu ändern. Daß Schmidt-Rottluff unter derartigen Bedingungen uns kostbarste Werke der Malerei schenkte, liegt an seiner grundsätzlich humanistischen Weltauffassung, in deren Dienst er seine hohe Gestaltungskraft stellt.

aus: Neues Deutschland, 1.12.1974, Schmidt-Rottluff zum 90. Geburtstag
Abb. in: Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister, Bestandskatalog, Staatliche Kunstsammlugen, Dresden 1987.