Dienstag, 27. Februar 2007

16 - Hans Grundig, Den Opfern des Faschismus, 1947


Hans Grundig, geb. 1901 in Dresden, gest. 1958 in Dresden
Den Opfern des Faschismus, 1947,
Hartfaserplatte, 110 X 200 cm, erworben 1960

(Abb. Katalog Gemäldegalerie Neue Meister, 1977, 5. Auflage)

Als ich ihn das erste Mal in seinem Atelier besuchte, arbeitete er an dem großen Gemälde "Den Opfern des Faschismus", das heute zu den Schätzen der Dresdener Galerie gehört. Daß hier ein bedeutendes Kunstwerk entstand, war nicht schwer zu erkennen, und doch kam es wegen eines durchaus wichtigen Bildelementes zu Auseinandersetzungen zwischen uns. Hans Grundig hatte die beiden Toten auf Goldgrund gelegt, was ich damals als fragwürdigen Rückgriff auf eine vergangene Malerei bezeichnete. Sicher wäre mancher Künstler ob derartigen Hereinredens in Zorn geraten. Hans Grundig wurde nicht einmal ärgerlich. Es ginge um kein Abbild, sagte er, sondern um ein Sinnbild, und er könne wohl ermessen, was ein solches Sinnbild verlange. Die zwei toten Kämpfer stünden für alle vom Faschismus Ermordeten. Viele habe er sterben gesehen, und viele starben als Helden. Ihr Kampf und Tod seien Inhalt dieses Bildes. Es blieb beim Goldgrund.

Später wurde mir ein Brief bekannt, den Hans Grundig über das Bild an seine Frau schrieb: "Die toten Menschen sind lebensgroß, und einer zeigt an seiner Kleidung, daß er ein gefangener kämpfender Mensch war. So wunderbar und schön wollte ich es malen, als es mir nur möglich ist. So eindringlich wollte ich es malen, daß alle von der Gewalt des stillen Gesichtes, von der Haltung der armen gequälten Körper erschüttert sind. Ich habe intensiv gearbeitet, dieses Erleben herauszuheben aus der Sphäre des damals allzu Alltäglichen". "Ich wollte diese zertrümmerte wunderbare Menschlichkeit einhüllen in alle Kostbarkeit, die uns Menschen möglich ist."

"Schön und eindringlich" wollte Hans Grundig die "wunderbare Menschlichkeit" der Kämpfer gestalten, die für uns alle das Teuerste gaben. Die tiefen Farben, Rot, Goldbraun und Blau, geben dem Gemälde eine feierliche Harmonie. Das Bild ist wohl die bisher vollkommenste Gestaltung der Idee von der Unsterblichkeit der Opfer des großen humanistischen Kampfes deutscher Antifaschisten in unserer Malerei.

In: Neues Deutschland, 19.2.1976, Zum 75. Geburtstag von Hans Grundig
Abb. in: Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 1987