Montag, 5. März 2007

24 - Theodor Rosenhauer, Im Atelier, 1935


Theodor Rosenhauer, geb. 1901 in Dresden, gest.
Im Atelier, 1935, Leinwand, 100 X 135 cm

(Abb. Im Atelier, Ausschnitt, Katalog 1968, Kat.Nr.24)

Es ist bezeichnend, daß Rosenhauer Adalbert Stifter zu seinen Lielingsschriftstellern zählt. Stifters lebendiges Verhältnis zur Natur und kleinen Welt war Ausdruck eines stillen Protestes gegen die immer mehr vom Kapital beherrschte bürgerliche Umwelt, der ihn zu Schöpfungen hoher ethischer Ideale beflügelte. - Rosenhauers liebevolle Anteilnahme an den Dingen, die scheinbar von allen gesellschaftlichen Fährnissen frei und vor ihnen geborgen sind, ist ebenfalls Ausdruck eines Abschirmens, ist Ausdruck einer passiven Resistenz gegen das ihm unheimlich werdende Deutschland wenige Jahre vor Beginn der faschistischen Herrschaft. -

Die innere Not des nach einem Ausweg suchenden Menschen und Künstlers kommt in keinem Werk so offen zum Ausdruck, wie in dem 1935 entstandenen Gemälde "Im Atelier". In einem hohen, schmucklosen Raum sitzt auf einer mit zerwühltem Bettzeug bedeckten Liegestatt der junge Maler. Er hat den Oberkörper über den Tisch geworfen und stützt den Kopf in beide Hände. Vor ihm liegt ein Brief, der die Nachricht brachte, daß seine Bilder, wie schon oft, für eine Ausstellung unerwünscht gewesen seien. Die menschliche Behausung gleicht in ihrer Öde einer Zelle, in die der Mann gesperrt und aus der jedes Entrinnen unmöglich ist. Wie ein Gefangener ist auch der Maler. Dem Mund des jungen Mannes scheint sich ein Stöhnen zu entringen. Die Augen hat er geschlossen. Er sinnt und sinnt und sucht nach Antwort und Hilfe. Obwohl das Bild überwiegend mit warmen Farben gemalt ist, wirkt es überaus kühl und nicht anheimelnd. In diesem Atelier wird nicht gearbeitet. Die Staffelei ist rechts an die Wand gekippt, und hinter der Bettstatt stehen zwei Keilrahmen mit der Schauseite zur Wand gelehnt. Braune und gelbe Töne, die in dieser Schaffensperiode von Rosenhauer bevorzugt werden, beherrschen das Gemälde. Die in ein rosa Hemd gekleidete Gestalt des Mannes hebt sich wirkungsvoll von den mit Umbra und Ocker gemischten Farben der Wand, der Decke und des Fußbodens ab.-

Es ist erstaunlich, wie wenig bislang über den Maler Theodor Rosenhauer geschrieben worden ist.- Seine Kunst ist wie eine zarte, wunderbar beglückende Kammermusik, und wenn in den Ausstellungen daneben mit großem Orchester oder gar Blaskapelle gespielt wird, mag es geschehen, daß seine innigen Kompositionen überhört und nur ungenügend gewürdigt werden.

Aus: Katalog Theodor Rosenhauer, 1968
Abb. in: Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister, Bestandskatalog, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 1987