Zur Geschichte der Gemäldegalerie Neue Meister ( W.S.)
Ausstellungskataloge Carmelo Gonzales , 1975 - Edvard Munch, 1984
Im Sommer 1993 wurde nach monatelanger Schließung die Gemäldegalerie Neue Meister an der Brühlschen Terrasse in Dresden wieder eröffnet. Die Pause war zur Renovierung oder auch Veränderung der Räume mit Hilfe der umorganisierten Stellwände genutzt worden. Ein halbes Jahrzehnt war die
Sammlung auf die Hälfte ihrer Räume reduziert gewesen. Jetzt konnte sie ihr 1964 mit modernen Oberlichtsälen im Albertinum geschaffenes Domizil wieder völlig in Anspruch nehmen. Grund der Reduzierung war die notwendig gewordene Schließung und Deponierung der Gemäldegalerie Alte Meister in der Sempergalerie im Jahr 1988 gewesen. Dieses mit den beschränkten Möglichkeiten der fünfziger Jahre nach der Kriegszerstörung wieder aufgebaute Gebäude bedurfte in mehrfacher Hinsicht der Erneuerung. Die wichtigsten Werke der Gemäldegalerie Alte Meister wurden in dieser Zeit in den Räumen der Gemäldegalerie Neue Meister zugänglich gemacht.
Dass die Konzeption der Gemäldegalerie Neue Meister 1993 eine völlig andere sein würde als jene, die seit 1964 bestanden hatte, lag auf der Hand. Die ersten Schritte zur Veränderung wurden bereits 1984 gegangen, als der langjährige Direktor Joachim Uhlitzsch in den Ruhestand trat. In seiner Hand hatte die Konzeption des Jahres 1964 gelegen, die mit den lebendigen Veränderungen eines solchen Institutes bis zum Jahr 1984 bestanden hatte. Die letzte Fassung dieser gewachsenen Konzeption wurde in dem 1964 eingerichteten so genannten Galerietagebuch dokumentiert. Man war inzwischen bei Band 33 angekommen. Der Umfang dieser Dokumentation resultierte aus der großen Anzahl von Wechselausstellungen sowie dem Gewicht, das man der Öffentlichkeitsarbeit beilegte, nicht zuletzt aber aus der umfangreichen publizistischen Tätigkeit von Joachim Uhlitzsch. Ein großer Teil dieser Artikel ist in der Dokumentation erfasst.
Über den Bestand der Sammlung gibt der 1987 herausgegebene Buchkatalog Auskunft. In ihm ist jedes Werk im Kleinformat abgebildet. Dieser Galeriekatalog ist heute für den auf den Spuren der Geschichte Wandernden und Suchenden ein unentbehrliches Hilfsmittel, denn schmerzlich viele Werke wurden der Konzeption von 1993 zuliebe deponiert. Eine dritte Quelle, die beim Blick auf die Vergangenheit nicht unberücksichtigt bleiben darf, ist der Leihverkehr des Institutes. Er ist in den regelmäßig herausgegebenen Jahrbüchern der StaatlichenKunstsammlungen festgehalten.
Die große Anzahl von Ausstellungskatalogen, oft mit ersten Abhandlungen zu Leben und Werk des betreffenden Künstlers von Joachim Uhlitzsch und auch mehrfach mit wissenschaftlichen Werkverzeichnissen versehen, befindet sich in der Sächsischen Landesbibliothek. Die Ausstellungsplakate seit 1965, beginnend mit der ersten Gesamtausstellung von WilhelmLachnit, sind im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen bei meinem Eintritt in den Ruhestand 1990 archiviert worden. - Eines der umfassendsten Ausstellungsvorhaben war die Ausstellung "Kunst im Aufbruch" Dresden 1919 - 1933, das 1980/81 stattfand. Auf das internationale Echo kann hier verwiesen werden: Prof.Dr.Peter Guenther, University of Houston Department of Art schrieb 1980 in einem Brief an Dr.Joachim Uhlitzsch: "Heute aber kann ich sagen, dass der Katalog ein sehr wichtiger Beitrag zur Kunst- und Kulturgeschichte nicht nur der Stadt Dresden, sondern der Zeit überhaupt ist. Er wird, davon bin ich überzeugt, als Handbuch in die Bibliotheken einziehen und in Zukunft als "Pflichtmuster" in die Bibliografien späterer Studien eingehen".
Die Konzeption der Gemäldegalerie Neue Meister von 1993 wurde von dem maßgeblichen Initiator, dem vormaligen Direktor des Dresdener Kupferstichkabinetts und seit der Wende Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen, Werner Schmidt, als eine Abrechnung mit den vergangenen 40 Jahren verstanden, die von der Schreiberin so nicht akzeptiert wird. Mögen die Fakten für sich sprechen und späteren Studien gerechte Erkenntnis ermöglichen.